Velodrom
1897 konzipiert Simon Oberndorfer, im Rückgelände seines Fahrradgeschäftes, einen Saalbau mit dem Charakter einer Sportarena, die für Radveranstaltungen geeignet sein sollte. Bedingt durch anfängliche Zeitverzögerungen infolge Genehmigungsschwierigkeiten entwickelte er eine modifizierte Planung, die das Oval kappte und eine eindeutige Ausrichtung auf eine Bühne vorsah. So wurde aus einer eher mäßig durchdachten Sporthalle eine moderne, multifunktionale Veranstaltungshalle.
Ein zweigeschossiger Hauptsaal, mit den Abmessungen 25 x 36 m, wird von einer massiven Außenwand umfasst und von für die damalige Zeit hochmodernen Eisenbindern, aus gewalzten Profilen mit genieteten Knotenblechen, überspannt. Die innen dreiseitig eingestellte Galerie wird durch filigrane, jedoch eher traditionelle Gusseisensäulen unterstützt und durch ein serielles, formenreiches Gusseisengeländer mit Holzhandlauf gefasst.
Das Velodrom steht als Denkmal für eine Aufbruchstimmung, in der Regensburg seinen Anschluss an die neue Zeit sucht. Nach vielfältiger kultureller und politischer Nutzung endete die Glanzzeit mit der Umgestaltung zum Kinosaal, dem Capitol-Lichtspieltheater, im Jahr 1929. In den folgenden Jahren des Nationalsozialismus gerät der Jude Simon Oberndorfer aus der Bahn des gesellschaftlichen und geschäftlichen Erfolges, wird 1939 aus Regensburg vertrieben und 1943 in Sobibor ermordet.
Nach mehreren Umbauphasen gerät das Velodrom Anfang der 90-er Jahre in ernste Gefahr, als der Stadtrat bereits den Abbruch beschlossen hatte. Der Öffentlichkeitsarbeit des Velodromvereins ist es zu verdanken, dass die geschichtlichen und technischen Besonderheiten des Gebäudes durch Eintragung in die Denkmalliste ihren Niederschlag fanden.
1997 wurde der Planungsauftrag zur Sanierung des Velodroms, durch den Investor Oswald Zitzelsberger, erteilt. Die politische Beschlusslage, in Verbindung mit den Sanierungsüberlegungen des Stadttheaters, erzwang eine extrem kurze Planungs- und Bauzeit mit der Fertigstellung im Juni 1998.
Nach Abbruch der Kinoeinbauten wurde der erbarmungswürdige Zustand des Objektes offensichtlich und der notwendige Sanierungsaufwand für eine Theaternutzung deutlich. Gleichzeitig wurden die wesentlichen Gestaltungselemente sichtbar, die Ausgangspunkte für ein neues Sanierungskonzept wurden. Hauptsächlich sind hier die genieteten Eisenfachbinder der Dachkonstruktion und die gusseisernen Stützen der Galerie zu nennen. Die großzügige Belichtung durch den laternenartig ausgebildeten Mittelteil der Dachkonstruktion verleiht dem Saalbau eine besondere Eleganz, auch wenn die ursprüngliche malerische Raumausstattung von 1898 durch Otto Zacharias weitgehend zerstört war. Diese wesentlichen historischen Elemente sollten mit den durch die neue Nutzung ausgelösten Gestaltungsansätzen zu einer selbstverständlichen Einheit verquickt werden. Eine besondere Herausforderung war die Sanierung der Ostfassade in Verbindung mit dem nach Osten vorgelagerten Anbau für Foyer, Garderobe und Treppenhaus.
Die notwendige Erneuerung der Dachkonstruktionen über dem Vorbau führte zu dem konstruktiven Gestaltungsansatz, ein großes einladendes Vordach mit der Dachkonstruktion des neuen verglasten Mittelteils und der Tragkonstruktion für Licht- und Tonregie im Saalbau zu verknüpfen. Durch diese Verklammerung von Alt und Neu findet die Großzügigkeit des Saalbaus zur Eingangssituation hin ihre Fortsetzung und öffnet sich den Besuchern, die vom Arnulfsplatz her das Theater aufsuchen.
Während der drei Jahre andauernden Sanierung des Stadttheaters fungierte das Velodrom, mit überwältigender Akzeptanz durch die Regensburger Bevölkerung, als Ersatzspielstätte. Die exzellenten Platz- und Sichtverhältnisse prädestinieren den relativ flächigen Saalbau für Musiktheater und Musicals. Angesichts dieser Entwicklung wollte die Stadt Regensburg nach Inbetriebnahme des neuen Stadttheaters nicht gänzlich auf das Velodrom verzichten und verlängerte den Mietvertrag.
Projekt Informationen
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Art:Sanierung, Denkmalschutz
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Projektjahr:1998
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Ort:Regensburg
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Baukosten:2,76 Mio. €
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Leistungsphasen:LPH 1-9
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Bruttogrundfläche:1.900 m²
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Bruttorauminhalt:15.650 m³